Ein Leben voller Abenteuer
Liv Sansoz ist eine erfahrene Ausdauerathletin und Bergsteigerin aus Chamonix, Frankreich. Dort arbeitet sie als Bergführerin und führt Einheimische sowie Besucher:innen auf die atemberaubenden Gipfel der Alpen, sei es beim Eisklettern, Skifahren oder Bergsteigen. Mit zwei Weltmeistertiteln im Sportklettern und drei Weltcupsiegen hat Liv bereits viele Disziplinen gemeistert, darunter Eisklettern, Bouldern und Leadklettern. Von 2017 bis 2018 bestieg sie alle 82 Viertausender der Alpen ohne Lifte, nur zu Fuß und mit dem Gleitschirm – ein Projekt, das international Beachtung fand. Doch auf 8000 Meter war sie bis dahin nie gestiegen. Der K2, der zweithöchste Berg der Welt, wurde zu ihrer größten Herausforderung – ein Traum, den sie jahrelang verfolgte.
Mit einer Höhe von 8611 Metern thront der K2 in der Karakorum-Bergkette Pakistans. Er gilt als einer der gefährlichsten Berge der Welt: Bis 2023 hatten nur rund 378 Menschen seinen Gipfel erreicht – weniger, als je ins All gereist sind. Gleichzeitig starben 96 Menschen bei dem Versuch. Der K2 zieht nur die erfahrensten Bergsteiger:innen an.
„Ich habe mir gesagt: Wenn ich einen 8000er besteige, dann den K2. Er ist der schönste und steilste Berg“, erzählt Liv. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Zeb Roche wagte sie das Abenteuer. Für beide war der K2 nicht nur eine extreme physische Herausforderung, sondern auch eine mentale Reise, die sie an ihre Grenzen brachte. „Das macht ihn zum härtesten 8000er – er ist extrem steil, das Wetter ist unberechenbar, und man ist völlig abgeschieden. Zwei Monate in einem Moränen-Basislager zu verbringen, bevor man überhaupt den Gipfelversuch startet, ist unglaublich fordernd,“ erklärt Liv. Hinzu kommen begrenzte Ressourcen und keine Rettungsmöglichkeiten: „Es gibt keinen Hubschrauber, keine Hilfe – das macht alles noch schwieriger.“
Schon 2021 schmiedeten Liv und Zeb den Plan, den K2 zu besteigen und anschließend mit dem Gleitschirm hinabzufliegen. Zeb hatte den Mount Everest bereits zweimal bestiegen und war 2001 das zweite Mal von dort hinabgeflogen – er wusste also, dass es machbar ist. Doch es wäre das erste Mal, dass jemand im Tandem vom K2 fliegt. Diese Herausforderung motivierte das Paar enorm. Es hat zwar schon frühere Versuche gegeben, vom K2 zu fliegen, aber ohne Erfolg.
Liv und ihr Ehemann, Zeb Roche, bei der Akklimatisierung am Broad Peak.
Training für den K2: Wie Liv Sansoz ihren Körper auf 8.000 Meter vorbereitete
Ausdauer aufbauen – die alpine Methode
In den Wintermonaten vor ihrer Besteigung des K2 setzte Liv Sansoz auf intensives Skibergsteigen (SkiMo). Sie trainierte an 25 Tagen im Monat, jeweils mindestens vier Stunden täglich. Ähnlich wie Kilian Jornet, der fünf Monate im Jahr mit SkiMo und gelenkschonenden Übungen verbringt, nutzte Liv diese Methode, um ihre aerobe Kapazität durch umfangreiches Training zu steigern und gleichzeitig schneller zu regenerieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt war, täglich möglichst viele Höhenmeter zurückzulegen. Um ihren Körper an die Herausforderungen großer Höhen anzupassen, verbrachte Liv Stunden in den umliegenden Bergen von Chamonix.
Um eine aerobe Basis aufzubauen, absolvierte Liv stundenlange Cross-Trainingseinheiten, darunter auch SkiMo.
Ab April, als der Schnee sich zurückzog und die Wege zugänglich wurden, ergänzte Liv Sansoz ihr Trainingsprogramm durch intensivere Einheiten. Sie setzte auf Intervalltraining, um neben ihrer allgemeinen Fitness auch ihre Geschwindigkeit zu steigern – jedoch nicht auf Straßen oder Laufbahnen wie üblich. Als Alpinistin absolvierte Liv ihre Intervalle auf den steilen Skisprungtreppen in Chamonix und den umliegenden Hängen in der Nähe ihres Hauses. Zusätzlich trainierte sie mit ihrer Ausrüstung, die 23 kg wog, und bewältigte dabei extrem steile Anstiege von 1.000 Höhenmetern pro Einheit. Diese steilen Aufstiege waren laut ihr der härteste Teil des Trainings.
Liv integrierte Intervalltraining auf den örtlichen Skisprungtreppen in Chamonix, um ihre Ausdauer zu steigern.
Die Kunst der Akklimatisierung
Im Juni 2024 starteten Liv Sansoz und ihr Mann ihre Expedition zum K2. Insgesamt dauerte die Reise zwei Monate, wobei der Großteil der Zeit damit verbracht wurde, sich an die extremen Höhen zu gewöhnen, Besteigungen zu üben und auf die perfekten Wetterbedingungen zu warten. Die eigentliche Besteigung des K2 selbst nahm nur drei Tage in Anspruch – vom 26. bis 28. Juli, nachdem Wochen der Vorbereitung und Planung den optimalen Zeitpunkt für den Aufstieg bestimmt hatten. Nachfolgend findest du einen Zeitplan, der die gesamte Reise aufschlüsselt.
Zeitplan | Reise und Höhenmeter |
Woche 1-2 | 100 km Anreise zum ersten Basislager auf 5000 m. |
Woche 2-6 | 3–4 Wochen Akklimatisierung und Materialtransport zu Höhenlagern (Camp 2, 6660 m). |
Tag 1 vom K2-Aufstieg Freitag, 26. Juli | Aufstieg von 5000 m auf 6600 m. |
Tag 2 vom K2-Aufstieg Samstag, 27. Juli | Aufstieg von 6600 m auf 7400 m. |
Tag 3 vom K2-Aufstieg, Sonntag, 28. Juli | Gipfel erreicht auf 8611 m. |
Liv erklärt das Prinzip der Akklimatisierung: „Ab einer gewissen Höhe solltest du dich in 500-Meter-Schritten vorarbeiten. Einen 1500-Meter-Anstieg am ersten Tag zu machen, würde bedeuten, dass dein Körper 10 Tage für die Erholung braucht.“ Je höher man steigt, desto drastischer wird der Sauerstoffmangel, da die Abnahme nicht linear erfolgt.
Während der drei Wochen im Basislager auf 5000 m bestand das Training aus einem wiederholten Auf- und Abstieg in kleinen Schritten. Die Gruppe stieg 500 m auf, schlief in größeren Höhen, um den Körper an den Sauerstoffmangel zu gewöhnen, und kehrte dann wieder zurück.
„Das Höchste, wo wir schlafen konnten, war auf 6600 m, weil die Wetterbedingungen in diesem Jahr sehr schlecht waren. Wir hatten geplant, eine Nacht auf 7000 m zu verbringen, aber wegen heftiger Winde und möglicher Lawinen war das nicht möglich,“ berichtet Liv.
Liv und ihr Ehemann Zeb auf dem Weg zum K2-Gipfel bei Sonnenaufgang.
Sicherheit an erster Stelle: Vitalzeichen auf dem Weg zum Gipfel überwachen
Die Besteigung extrem hoher Berge bringt zahlreiche Sicherheitsrisiken mit sich. Man muss genügend Proviant mitnehmen, ohne zu schwer beladen zu sein. Man muss für schlechtes Wetter und extreme Kälte gerüstet sein. Dazu kommen grundlegende Überlebensfähigkeiten, mit denen sich der Durchschnittsmensch nie beschäftigen muss. Eines der größten Risiken jedoch ist der extreme Sauerstoffmangel in großer Höhe.
Ohne zusätzlichen Sauerstoff besteht ein erhebliches Risiko für Hypoxie – ein Zustand, der Verwirrung, Atemnot und einen schnellen Herzschlag verursacht und im schlimmsten Fall tödlich enden kann. „Mit jedem weiteren 100-Meter-Anstieg wird es härter,“ erklärt Liv. „Ich habe oft auf meine COROS-Uhr geschaut, vor allem wegen der Höhenangaben und der Zeit. Denn wenn wir bis 17 Uhr den Gipfel nicht erreicht hätten, mussten wir umkehren.“
Liv hatte ihre COROS VERTIX 2 ursprünglich wegen der beeindruckenden Akkulaufzeit gekauft. Sie wusste, dass sie eine Uhr brauchte, die für eine Reise geeignet war, bei der jedes Gramm zählte. Ladegeräte und technische Geräte blieben im Basislager zurück. Während der gesamten zweimonatigen Expedition musste Liv, die keine gesponserte COROS-Athletin ist, die Uhr nur einmal im Basislager aufladen – während des Gipfelaufstiegs war kein Ladegerät nötig.
Auf dem Weg nach oben verließ sie sich auf die Uhr, um jede Minute und jeden Höhenmeter im Blick zu behalten. „Die letzten 150 Meter haben uns drei Stunden gekostet. Wir haben pro Stunde nur 50 Meter geschafft. Das zeigt, wie stark der Sauerstoffmangel den Körper beeinflusst. Obwohl ich Bergführerin bin und sechs Tage die Woche trainiert habe, war der Schlussanstieg extrem langsam“, erzählt Liv.
„Ich habe meine Herzfrequenz überprüft und kalkuliert, wie schnell wir vorankommen. Ich habe ständig auf die Uhr geschaut, denn bei Sauerstoffmangel leidet man unter starkem Gehirnnebel und Wahrnehmungsstörungen. Das Zeitgefühl geht völlig verloren. Beim ersten Mal, als wir fünf Minuten Pause machen wollten, schaute ich auf die Uhr und stellte fest, dass 40 Minuten vergangen waren. Das hat mir große Angst gemacht, weil man keine Ahnung hat, wo die Zeit bleibt.“
Liv betont, wie gefährlich es ist, bei solchen Besteigungen das Zeitgefühl zu verlieren. „Wir kennen viele Leute, die sagen: Lass uns fünf Minuten rasten – und sie wachen nicht mehr auf. Der Körper ist so erschöpft, dass er in den Schlaf fällt. Ich musste ständig auf die Uhr schauen, um sicherzugehen, dass wir keine Zeit verlieren und genau wissen, wie lange wir uns ausgeruht haben.“ In diesen Momenten standen Liv und ihr Mann Zeb in ständigem Austausch, überwachten gegenseitig ihren Zustand, um geistig aktiv und körperlich in Bewegung zu bleiben. Gleichzeitig hielten sie wichtige Kennzahlen wie Herzfrequenz, Höhenmeter, Tageszeit und Wetteränderungen mit der COROS-Uhr im Blick.
Geschichte schreiben: Vom K2 fliegend hinab
Am 28. Juli 2024 schrieben Liv und ihr Mann Geschichte, indem sie als erste Menschen vom K2 per Gleitschirm abstiegen. So gefährlich das klingt, erklärt Liv, dass es tatsächlich die sicherste Option ist – vorausgesetzt, man weiß, was man tut. Der Abstieg dauerte nur 35 Minuten, verglichen mit den zwei Tagen, die der Abstieg zu Fuß in Anspruch genommen hätte. „Zu Fuß hat man es mit Lawinen, Felsbrocken, Gletscherspalten und Seracs zu tun, die alle große Gefahren bergen. Wenn man fliegen kann und die Wetterbedingungen gut sind, ist es viel sicherer und deutlich weniger anstrengend“, erklärt Liv. „Es gab keine Wolken. Wir konnten alles sehen und die Aussicht genießen!“
Tag 3: Livs Gipfelbesteigung am K2
Um mit einem Gleitschirm vom K2 zu fliegen, braucht es ein fundiertes Verständnis der Physik. In einer Höhe von 8000 Metern ist die Luft deutlich dünner, weshalb mehr Wind erforderlich ist, um Vortrieb zu erzeugen – oder ein längerer Anlauf nötig ist. Liv hatte zwar schon zahlreiche Sprünge vom Mont Blanc (4805 m) in ihrer Heimat absolviert, doch in dieser Höhe verhält sich der Gleitschirm empfindlicher. Die geringere Luftdichte macht die Steuerung anspruchsvoller. Zusätzlich erfordert das Fliegen im Tandem ein höheres technisches Geschick. Der Schirm ist größer, die Leinen länger, und jede Bewegung muss präzise und durchdacht sein. „In dieser Situation kannst du nicht lange überlegen“, erklärt Liv. „Jede Handlung muss instinktiv erfolgen.“
Liv und Zeb flogen mit einem maßgeschneiderten Tandem-Gleitschirm vom K2. Die Bedingungen waren an diesem Tag perfekt, mit klarem Himmel und festem Schnee, der den Start erleichterte.
„Als wir den Gipfel des K2 erreichten, war es wirklich ruhig. Wir wussten, dass wir laufen müssten. Wir waren erschöpft und hatten Sorge, dass es schwierig werden würde, aber wir hatten Glück: Der Schnee war hart und kein tiefer Pulverschnee. Sonst wäre es unmöglich gewesen, zu laufen und abzuheben“, erklärt Liv. „Nach zehn Schritten spürten wir, wie der Schirm unser Gewicht trug ... und dann flogen wir.“
Der Gleitschirm, den Liv und ihr Mann verwendeten, war ein speziell für sie und ihr Gewicht entwickelter Prototyp. Um das Gepäck so leicht wie möglich zu halten, engagierten sie jemanden, der Ausrüstung wie Zelt, Schlafsäcke, Matratze, Kocher und überschüssige Lebensmittel vom letzten Camp, in dem sie geschlafen hatten, zurücktrug. Diese Dinge brauchten sie am Gipfeltag nicht mehr.
Livs K2-Besteigung setzt neue Maßstäbe
Der unvergesslichste Moment für Liv? Einfach zu realisieren, dass sie es geschafft hatten. „Als wir landeten und uns bewusst wurde: Wir haben es geschafft! Wir sind ohne Sauerstoff auf den K2 gestiegen und dann heruntergeflogen!“ Liv ist die zweite Französin, die K2 ohne Sauerstoff erklommen hat. Sie schätzt, dass weltweit etwa 8 bis 10 Frauen den K2 ohne Sauerstoff bestiegen haben – nicht alle wurden dokumentiert, da Frauen bereits seit 1986 den K2 besteigen.
Liv und Zeb feiern mit einem Schokoladenkuchen, nachdem sie ihren Gipfelaufstieg und Abstieg vom K2 erfolgreich abgeschlossen haben.
Auf die Frage, ob sie es jemals wieder tun würde, war sich Liv nicht ganz sicher. Ein weiterer 8000-Meter-Gipfel mit einem Gleitschirmflug wäre für sie eine spannende Herausforderung, aber der K2 bleibt wohl ein einmaliges Erlebnis – und darauf ist sie stolz.
COROS gratuliert Liv und ihrem Mann herzlich zu dieser unglaublichen Leistung, mit der sie die Grenzen des Möglichen in den Bergen neu definiert haben. Wer Livs Abenteuer weiterverfolgen möchte, findet sie auf Instagram unter @livsansoz.